Erste Markierungen auf der Platte und die Venusfigur auf dem Sieb |
10 Tage war ich auf dem Friedhof in Leipzig-Plagwitz bei dem Kunstsymposium "Religio" der GEDOK Leipzig beteiligt.10 Künstlerinnen wurden ausgewählt, ihre Vorstellung zum Thema künstlerisch umzusetzen. Neben Malerinnen, Schriftstellerinnen und Musikerinnen war ich diejenige, die das "stoffliche Element" miteinbrachte. Anders als in der figürlichen Malerei steht bei uns Textilkünstlerinnen ja das Material im Vordergrund. Die Art und Weise der Verbindungstechnik und die Oberflächenbeschaffenheit steht uns als komplexe Symbolsprache zur Verfügung. Das war für ein Werk in der Größe von 1,5 x 3 Metern eine Herausforderung. Neben technischen Gegebenheiten war die Zeiteinteilung das, was mir zu Beginn ein wenig Kopfzerbrechen machte:
Siebdrucke auf Seide und Baumwolltüchern zum Fixieren und Einwirken eingepackt |
Die in meiner Arbeit "normalen" Abläufe mussten umgekehrt und auf den Kopf gestellt werden. Siebdruck auf Seide an der Staffelei war nicht möglich, da die Farbe ja dann nach unten fließen würde. Also improvisierte ich auf dem Boden und bekam dadurch auch noch interessante Monoprints von der Bodenoberfläche des Friedhofs.
Die Drucke fixiert und ausgewaschen und zur Kompositionsprobe auf die Platte gehängt |
Die Tage vergingen wie im Flug. Im Foto oben sieht man die fixierten Stoffe und eine Probehängung. Ich wählte für das Projekt die Schichtung von verschiedenen religiösen und kulturellen Sichtweisen.
Die ersten Drucke waren angelehnt an die Venusfigurenfunde."Palimpsest" war im Mittelalter ein überschriebener (ausgekratzter oder ausradierter) Text. Über teils griechische Schriften wurden aus Mangel an Material (aber vielleicht auch aus inhaltlichen Gründen?) teils religiöse Texte oder Gebete geschrieben. Mit modernen Forschungsverfahren ist es heute möglich, diese überschriebenen Texte teilweise wieder zu identifizieren. Schicht für Schicht habe ich Stoffe und Texte verwendet, die Symbolcharakter haben - in meiner gewohnten Art verarbeitet.
Die ersten Drucke waren angelehnt an die Venusfigurenfunde."Palimpsest" war im Mittelalter ein überschriebener (ausgekratzter oder ausradierter) Text. Über teils griechische Schriften wurden aus Mangel an Material (aber vielleicht auch aus inhaltlichen Gründen?) teils religiöse Texte oder Gebete geschrieben. Mit modernen Forschungsverfahren ist es heute möglich, diese überschriebenen Texte teilweise wieder zu identifizieren. Schicht für Schicht habe ich Stoffe und Texte verwendet, die Symbolcharakter haben - in meiner gewohnten Art verarbeitet.
Stürmisches Wetter brachte dann doch einen Vormittag in meinem Atelier |
In der Wochenmitte wich ich aufgrund des stürmischen Wetters in mein Atelier aus, um dort die Komposition und die Schichtung voranzubringen.
Es blieb die Frage, ob und wieviel ich mit Stickerei arbeite. Das lineare Element mit Garn ist für mich ein wesentliches Element und zugleich Symbol. Die (uralte) Kultur des Bestickens ist Teil der "weiblichen" Kunst- und Kulturgeschichte. Und auch wenn es wesentlich einfacher gewesen wäre, die Linien und Oberflächenstrukturen mit Stift und Pinsel aufzubringen, gehört es doch eben auch so sehr zu meiner eigenen künstlerischen Identität und Symbolsprache.Ich habe allerdings auf eine große Flächenstickerei und auch das Sticken mit Hand verzichtet. Das wäre im Zeitbudget völlig ausgeufert und ich wäre bis zum Wochenende nicht fertig geworden. Zumal die 3 Meter Material auch nicht ganz so leicht unter der Maschine zu bearbeiten sind.
Hier ist das Projekt schon auf die Platte aufgebracht |
Das Wetter war wunderbar, es war gegen Ende der Woche wieder weniger stürmisch und ich konnte die Seidenstoffe und auch die dünnen Drucke gut auf die Platte aufbringen. In mehreren Schichten wurden die verschiedenen zeitlichen und kulturellen Ebenen miteinander verflochten, bis eine etwas ungeordnete Komposition entstand. Das "Drüber und Drunter" lädt zum Entdecken der Schichten ein. Auch wenn man die verdeckten Elemente nicht mehr sehen kann, weiß man doch von ihrer Existenz.
Detail der fertigen Platte |
Die Flut von Informationen bewältigen... Ich persönlich finde das manchmal sehr anstrengend (aber auch faszinierend, wenn man sich vertiefen kann). Die Wahrnehmung ist heutzutage extrem gefordert und es ist so einfach, nur nach der (unsortierten) Oberfläche zu schauen und zu urteilen...Still ist ein Wort, das ich eingefügt habe. Manchmal wäre ich gerne öfter dazu in der Lage. Was man dann wohl entdeckt...
Die Vernissage wird zur Bundesversammlung der GEDOK in Leipzig am ersten Septemberwochenende (3.9.2016) sein. Die Arbeiten sind dann für ein Jahr in der Freiluftgalerie an der äußeren Friedhofsmauer zu sehen.
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