Sonntag, 22. März 2020

Die Welt der Dinge

Einige meiner Bedruckten und bemalten Stoffe (2019), fertig zur weiteren Verarbeitung

Zeug

Das Material bekommt in diesen Zeiten eine interessante Bedeutung. Ich bin von Natur aus eine Sammlerin und ich arbeite oft in parallelen Prozessen. Dabei produziere ich sehr viele skizzenartig produzierte Materialien. In den letzten Jahren ist diese, meine individuelle Art zu arbeiten, etwas gezielter vorangegangen. Es bleibt jedoch ein Merkmal meiner Kunst und meines Ateliers: Vielfalt finde ich interessant, ich liebe es, in die Tiefe zu gehen, ich vergleiche, ergänze, vertiefe und vervielfältige, ganz gegen den Trend der letzten Jahre bin ich nicht der Reduktion sondern dem Mixed Media und damit der komplexen Vielfalt verfallen.

 Ich bin immer fasziniert von den unendlich strömenden Ideen, die mir zu den Themen meiner Projekte in den Sinn kommen, auf Fragen kommen mir immer mehrere Antworten und ich kann nicht anders, ich muss einfach viel ausprobieren. So war ich in den letzten Jahren vielleicht nicht so ganz "trendy" - wenn ich die vielen reduzierten zeitgenössischen Arbeiten ansehe. Auch die ganzen Diskussionen um ein "Zuviel" an Dingen rund um M.Kondo, machte mir oft eine Art "schlechtes Gewissen" (nicht lange), worauf ich mir vornahm, doch mal auch meinen Kram zu reduzieren. Was dann ja auch erst einmal zu dem Januar-Makeover führte.

Nun bin ich gestern in mein Atelier gefahren, um einige dieser Materialien zu mir nach Hause zu holen, wer weiß, wann hier auch das Bewegen durch die Stadt schwierig wird. Viele sagen: ist doch deine Arbeit und dein Arbeitsplatz! Schon, aber wer weiß, ob künstlerische Tätigkeiten als lebensnotwendig für die Menschen gesehen wird (ich schon),... nun ja, also Material lieber zu Hause haben und arbeiten können. Statt Home Office dann eher Home Atelier.
 Glücklicherweise habe ich im Januar mein Atelier einem "Frühlingsputz" unterworfen, so habe ich wenigstens das Material im Überblick leicht greifbar gehabt. 

Dieser Druck, auszuwählen, was wichtig sein könnte, war sehr interessant. Es geht ja nicht um das Aufräumen à la Reduktion, sondern um eine Entscheidung, was mit kann und was bleibt. Das Bleiben ist Warten. Aber die Ungewissheit, wie lange mein Material auf mich wartet, trieb mich an, ich konnte mich einfach nicht entscheiden.

Ich fragte mich, was ich in den nächsten Wochen denn arbeiten muss, kann und will. Das, was ich tun muss ist klar und geht vielen gerade genauso: dafür zu sorgen, genug Ideen zu spinnen, dass meine geliebte Arbeit und damit auch mein Atelier in Zukunft überlebt. Das, was ich arbeiten kann, ist eingeschränkt, aber es geht immerhin auch von zu Hause (sind so Sachen, die meistens ganz nach unten auf meiner Bucketlist rutschen). 

Aber was ich arbeiten will? Da kam ich nicht wirklich weiter, denn irgendwie ist die Atmosphäre um mich herum immer etwas, das mich stark beeinflusst. Manche Projekte, die ich begonnen habe, passen einfach gerade nicht in die Zeit oder bekommen einen komischen Beigeschmack. Und neue Projekte habe ich noch nicht so sehr im Kopf. 
So kam ich nicht weiter. 

Also ehrlich gesagt, weiter kam ich dann, als ich es mir umgekehrt vorstellte: was wäre, wenn ich nun -sagen wir mal zwei Monate- auf dieses und jenes Material oder Werkzeug verzichten müsste?Jetzt verstehe ich endlich diese Fragebogen-Frage: was würdest du auf eine Insel mitnehmen, wenn du nur 3 Dinge auswählen dürftest. Früher konnte ich mit dieser Frage nie was anfangen, ich fühlte einfach nichts dazu und meine Liste wäre immer länger als drei Dinge gewesen. Gestern änderte sich das.

DAS war dann wirklich aufschlussreich! 

Sofort hatte ich drei Kisten gepackt, mit der heimlichen Überschrift 
"Mit auf die Insel: UNVERZICHTBAR" 

 Es geht gar nicht darum, zu wissen, was mein nächstes Projekt sein wird. Es geht darum, welches Material und welche Prozesse mir so wichtig sind, dass sie ganz oben auf einer Liste voller Vielfalt stehen. Der Rest kann warten.
 

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